Im April 2017 demonstrierten in Berlin etwa 11 000 Menschen für die Aufklärung

Rede zum March for Science am 22.4.2017 in Berlin (Ranga Yogeshwar)

Liebe Freunde,
heute stehen wir gemeinsam hier um ein Zeichen zu setzen – Für die Wissenschaft.

Mit Besorgnis sehen wir, wie die Basis unserer aufgeklärten Gesellschaft von einigen im In- und Ausland zur Disposition gestellt wird. Anstelle gesicherter Erkenntnisse werden Vorurteile verbreitet und „alternative Fakten“ konstruiert um Ängste zu schüren und Stimmung zu machen. Doch eine Politik, die bewusst gesicherte Erkenntnisse verneint, täuschtihreBürgerundhandeltundemokratisch. WirallebefürwortendieFreiheitund Offenheit unserer Gesellschaft und fordern, dass nicht Vorurteile oder Ängste, sondern gesicherte Erkenntnisse unser Denken und Handeln prägen.

Daher stehen wir hier und sagen: „ Bekämpft die Angst mit den Fakten“.

Ja, unsere Welt ist kompliziert, und gerade deshalb ist sie schön. Manche Zusammenhänge lassen sich nicht auf simple Formeln reduzieren. Wir dürfen jedoch nicht zulassen, dass Populisten unsere Welt gefährlich vereinfachen und so unsere Gesellschaft spalten, das sind wir der Wahrheit schuldig.

Wissenschaft gehört uns allen, ihre Erkenntnisse sind unser gemeinsames Gut. Sie hilft der Politik und der Gesellschaft, Entscheidungen wissensbasiert und somit besser im öffentlichen Interesse zu treffen. Wer dabei Erkenntnisse verfälscht oder verheimlicht, für eigene Zwecke auslegt oder lediglich einer Minderheit Zugang dazu gewährt um ihre Macht zu stärken, der verkennt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse Teil des Wissensschatzes unserer gesamten Gesellschaft sind.

Wir bekennen uns zur Transparenz, zur Unabhängigkeit und zur Integrität der Wissenschaft. Doch in einigen Fällen, zum Beispiel beim Sammeln und Auswerten von Big Data, oder der Entwicklung von Algorithmen, führt wissenschaftliche Erkenntnis zu enormen privaten Machtkonzentrationen. Diese können zur Bedrohung unserer Demokratie werden. Hier fordern wir die Wissenschaftler auf, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und die Konsequenzen ihres Handelns zu bedenken. Denn bei aller Befürwortung der Freiheit der Wissenschaft geht es um unser Allgemeinwohl. Die Früchte der Wissenschaft gehört uns allen.

Der offene und kritische Dialog ist die Basis unserer zivilisierten Gesellschaft. Wir engagieren uns für diesen offenen Austausch auch über unsere nationalen Grenzen hinweg. Wer jedoch meint, dass er in sozialen Netzen eigene Wahrheiten konstruieren kann, der irrt. Viele dieser Plattformen meiden die wirkliche Kontroverse und den zivilisierten Austausch von Argumenten. Was sie anbieten sind lediglich Spiegelbilder ihrer Nutzer und das Echo ihres Gedankenguts. Sie verzerren die Wirklichkeit, propagieren „fake news“, hetzen Menschen gegeneinander auf und spalten so unsere Gesellschaft. Wir aber glauben an das wissenschaftliche Denken, weil es anderen Gedanken mit Offenheit begegnet und so unseren Horizont weitet.

Medien spielen in unserer Gesellschaft eine zentrale Rolle. Wenn Diskussionen jedoch von Hysterie und Angst getrieben werden und die Lautsprecher des Populismus mit ihren Schreckensszenarien die Räume besetzen, müssen wir aufstehen und sagen: „Bekämpft die Angst mit den Fakten“. Die Aufklärung steht nicht zur Disposition – Die Stimme der Wissenschaft muss Gehör finden – Heute und auch morgen.