Symbolpolitik und Klima…
Symbolpolitik bekommt man derzeit viel zu sehen: Umgeben von Kohle-Arbeitern unterschreibt Präsident Trump am vergangenen Dienstag ausgerechnet im Hauptgebäude der US Umweltbehörde EPA in Washington ein Dekret in Sachen Klimaschutz und will damit den „Krieg gegen Kohle beenden“. Große Aufregung weltweit – alle Welt schimpft auf diesen Präsidenten, der damit den „Clean Power Plan“ seines Vorgängers Obama torpediert.
Das alles ist Symbolpolitik, denn die Umsetzung dieses Dekrets dürfte ohnehin länger dauern als viele annehmen, alleine der administrative Prozess könnte Jahre benötigen. Genauso wird übersehen, dass auch über den „Clean Power Plan“ der Regierung Obama derzeit an US Gerichten gestritten wird.
Es wird viel über Klimaziele geredet und das nicht erst seit gestern, doch abgesehen von großen Worten, tut sich zu wenig: Ich erinnere mich noch gut an das zähe Ringen bei der vergangenen Klimakonferenz in Paris. Am Ende wurde uns allen die Konferenz als „großer Erfolg“ verkauft, doch wenn man sich die Details ansieht, merkt man, wie wackelig die gemeinsam vereinbarten Klimaziele sind. Große Symbole, doch wo bleibt die Realität?
Erinnern Sie sich an das trostlose Scheitern der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen, an peinliche Treffen in Hotelzimmern und an Staatsmänner, die wie auf einem Bazar handelten? Die USA waren offen gesagt nie ein Vorreiter in Sachen Klimaschutz und das hat sich auch unter Obama nicht wirklich verändert. Unter Trump merkt man, wie labil das US-Bekenntnis in Sachen Klima tatsächlich ist. Manchmal gibt es ein absurdes Hin- und Her: Im November 2015 etwa stoppte US-Präsident Barack Obama den Bau der umstrittenen Keystone XL Pipeline. Bei dieser Nord-Süd Pipeline soll Öl aus kanadischen Ölsanden zur Weiterverarbeitung nach Texas geleitet werden. Untersuchungen zeigten, dass bei dieser Ölgewinnung etwa 17 % mehr CO2 freisetzt wird als beim konventionellen Öl Abbau in den USA. Donald Trump genehmigte am 24. März 2017 erneut den Weiterbau der Pipeline und kürzt den Etat der Umweltbehörde. All das im Dienste von „America first!“.
Doch der Klimawandel schreitet fort:
2016 ist das dritte Jahr in Folge, das einen neuen globalen Wärmerekord aufgestellt hat. Das ist real.
Im August 2016 sorgten Extremregenfälle im US Bundesstaat Louisiana für katastrophale Überschwemmungen. Über 140 000 Häuser wurden zum Teil zerstört. Der Schaden wird auf über 10 Mia. Dollar geschätzt.
Zwei Monate später war ich Vorort und sah immer noch die massiven Auswirkungen der Überschwemmungen. Ich sprach in Baton Rouge mit Anwohnern, die alles verloren hatten. Einer von ihnen hieß John, ein Automechaniker. Das Wasser hatte sein Haus aufgeweicht und sein ganzes Hab und Gut: Möbel, Matratzen, Bücher, Kleider – alles schimmelte vor sich hin. Der Anblick war absurd. Vor seinem Haus türmte sich ein riesiger Haufen von Sperrmüll. Fast alles, was er besessen hatte, musste er entsorgen. Da stand sein ganzes Leben an der Straße. John hatte keine „flood insurance“; keinen Versicherungsschutz, denn mit derartigen Überschwemmungen hatte niemand gerechnet. John’s Existenz wurde über Nacht durch den Starkregen zerstört, denn das Wasser überflutete auch seine Werkstatt. Die angebotenen 500 US$ staatliche Hilfe hat er abgelehnt. Den Beamten setzte er vor die Tür; er halte nichts von „Symbolpolitik“ sagte er mir.
Wenn Trump also wieder ein Dekret unterschreibt und allen davon erzählt, dass „America first“ gilt, dann frage ich mich, wer kommt „first“? Die großen Energiekonzerne oder John, der durch den fortschreitenden Klimawandel alles verlor.